Atemberaubende Naturschauspiele in der riesigen Wüste La Guajira

Stetige Wasserknappheit, enorme Abgeschiedenheit und extreme Dürre. Indigene, die um ihr Überleben kämpfen und atemberaubende Naturschauspiele. All das bietet die riesige Wüste La Guajira.

Tag 1: Die spektakuläre Natur La Guajiras

Der starke Wind peitscht mir entgegen und die heißen Sonnenstrahlen glühen auf meiner Haut. Ich nähere mich dem roten Gewässer und nehme diesen typischen Geruch von Sand und Hitze wahr. Gleichzeitig kann nur eins denken: wie krass sieht das denn aus!

Der rote See in der Wüste La Guajira in Kolumbien
La Guajira

Vor uns erstreckt sich dieser rotgefärbte See, der wie eine Fatamorgana wirkt. Ich blicke mich um und entdecke nichts. Naja, so gut wie nichts. Am Horizont hüllt das Flimmern der Hitze zwei kleine Hütten und einen weißen Berg ein. Natürlich ist es kein Schneeberg. Miguel, unser junger Fahrer, der seinen Sombrero tief ins Gesicht gezogen hat, erklärt uns, dass es sich um einen Salzberg handelt. Der hiesige Wind verteilt das Salz auf die Umgebung und transportiert es ebenso in das Gewässer, das sich daraufhin rot verfärbt.

Miguel bittet uns nach einer Weile in den Jeep zu steigen und kurze Zeit später befinden wir uns wieder mitten in der Wüste. Um uns herum ist nichts. Keine Pflanzen, keine Tiere und erst recht keine Zivilisation. Es gibt keine Straße, nur Spuren von den Fahrzeugen, die irgendwann dieselbe Route genommen haben. Nach einer Weile ändert sich die Vegetation. Ich sehe Kakteen sowie einfache Sträucher. Und dann auf einmal ein Motorrad, dass zwei vermummte Personen durch die Wüste La Guajiras führt.

Wir verlieren an Geschwindigkeit und bleiben auf einmal stehen. Ich schaue aus dem Fenster und sehe nichts, nur ein aus Fetzen zusammengebundendes Seil, das als Wegsperre fungiert. Miguel öffnet seine Tür und ich sehe einen kleinen Junge, der nur mit einer Hose bekleidet ist. Er ist abgemagert. So richtig abgemagert, dass mir für einen Moment der Atem stockt. Ein wenig schüchtern nähert er sich unserem Wagen und blickt uns mit seinen großen, dunkelbraunen Augen direkt an. Seine Lippen sind von der Hitze ausgetrocknet und aufgeplatzt. Er ist vielleicht 5 Jahre alt. Ich schlucke. Klar waren wir auf diesen Wegzoll vorbereitet. Wir wussten, dass uns Kinder anhalten würden und uns um Süßigkeiten bitten werden. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten wir auch einige Zölle passiert und viele lachende und glückliche indigene Kinder zurückgelassen. Doch das es so viele sein werden wussten wir nicht. Auch habe ich mir nicht ausgemalt, dass diese Kinder teilweise so arm und ausgehungert sein würden. Wir haben keine Süßigkeiten mehr. Doch an diese scheint der indigene Junge auch nicht zu denken. Er möchte nur eins: “Agua”. Leise, bittend und hilflos spricht er dieses Wort aus. Ich schlucke erneut. Seine Augen leuchten, als er die Flasche Wasser erblickt und kurze Zeit darauf in den zarten Händen hält. Er flüstert “Gracias”, läuft zum Seil und nimmt es ab, um uns passieren zu lassen. Miguel fährt langsam an und wir setzen unsere Reise zum nördlichsten Punkt Südamerikas fort. Den ausgehungerten Jungen lassen wir in der Mittagshitze zurück. Ohne Schutz.

Die weite Wüste La Guajira
Die weite Wüste La Guajira

Weitere Stunden vergehen. Wir passieren unzählige Wegzölle bis wir schließlich die kleine Rancheria Utta, kurz vor Cabo de la Vela, erreichen. Es ist eine von vielen spartanischen Einrichtungen, die einen offenen Essensraum, kleine Hütten und einen überdachten Platz mit Hängematten beinhaltet. Hier soll uns trockener Fisch und Reis für den Nachmittag stärken. Frauen des Wayùu-Stammes sitzen im Schatten der Hütten und nähen, flink hantierend, bunte Taschen, die sie an Touristen verkaufen. Das ist ihre Arbeit. So verdienen diese Frauen Geld, um zu überleben. Wir hingegen können die idyllische Natur mit dem kristallklaren Meer und dem weißen Sandstrand genießen.

Die Rancheria Utta in der Wüste La Guajira in Kolumbien
Die Rancheria Utta

Nach einem kleinen Päuschen in der Hängematte am Strand liegend, geht es weiter. Wir wollen die Dünen- und Wüstenlandschaft La Guajiras erkunden. Schnell sind wir in Cabo de la Vela, einem kleinen Dorf, das viele Reisende durch das super Kite- und Windsurfangebot anlockt. Auch Liebhaber des Tauchens und Schnorchelns kommen hier auf ihre Kosten. Wir lassen das Dorf jedoch hinter uns und erreichen bald den riesigen Pilon de Azucar. Der Ausblick, der sich von seiner Spitze offenbart, ist überwältigend. Das klare, weite Meer auf der einen Seite und die endlosen Dünen La Guajiras auf der Anderen. Während der starke Wind an unserer Kleidung zerrt, beobachten wir sprachlos das atemberaubende Naturschauspiel.

Aussicht vom Pilon de Azucar in der Wüste La Guajira in Kolumbien
Aussicht vom Pilon de Azucar

Von den herannahenden Touristen flüchtend, fährt uns Miguel zum Ojo de Agua. Auch dieser Spot bietet eine einmalige Aussicht auf den Atlantik und die umliegende Natur. Die Sonne neigt sich dem Horizont, sodass wir zum nahe gelegenen Leuchtturm (faro) aufbrechen. Wer jedoch an einen romantischen Sonnenuntergang in gemütlicher Atmosphäre, irgendwo im nirgendwo, denkt, liegt von der Realität weit entfernt. Gefühlt 100 anderen Reisende haben sich hier versammelt, um den Untergang der Sonne zu beobachten. Bald kehren wir zu unserer Rancheria zurück. Später werden wir dort, in unseren Chinchorros (bunte Hängematte mit breiten Zierkanten) liegend, die Millionen Sterne beobachten. Die Luft ist frisch und mild. Die Temparatur noch angenehm warm. Das gleichmäßige Rauschen des Meeres lässt uns einschlafen.

Tag 2: Punta Gallina

Da wir heute Abend wieder in Cartagena sein müssen, ziehen wir das Programm ein wenig nach vorne und brechen deshalb etwas früher, als die restlichen Reisenden, auf. Die Fahrt zieht sich entlang wilder, hügeliger Kakteenlandschaften und durch große Salzpfannen hindurch. Wir passieren weitere Wegzölle und lassen, da wir unseren Vorräte in Cabo de la Vela aufgestockt haben, glückliche Kinder zurück. Nach einiger Zeit erreichen wir eine riesige, weiß schimmernde Sanddüne. Von diesem atemberaubenden Naturschauspiel angezogen, springe ich aus dem Auto. Ich spüre den weichen Sand unter meinen Füßen und folge der riesigen Sanddüne Richtung Meer. An ihrem höchsten Punkt angekommen, setze ich mich. Diese enormen Sanddünnnen, die auf das gewaltige, kristalblaue Meer treffen. Diese Stille, die nur vom rauschen des Windes unterbrochen wird. Die feinen Sandkörner die vom Wind getragen werden und sanft auf meine Haut treffen. Wie in Trance sitze ich dort. Ich versuche den Moment, die Schönheit und Einzigartigkeit festzuhalten.

Bald setzen wir die Fahrt zum nördlichsten Punkt Kolumbiens fort. Zum nördlichsten Punkt Südamerikas. Gegen Mittag stoppt Miguel zwischen einem kleinem Häuschen und aufeinandergestappelten Steinen, welche diesen besonderen Punkt markieren. Während ich mich diesen Steinen nähere schießt mir ein Gedanke durch den Kopf: Das ist es also. Der nördlichste Punkt. Irgendwie cool, aber kein Vergleich zu den gewaltigen und beeindruckenden Sanddünen. Denn im Endeffekt sehe ich “nur” das Meer. Das endlose weite Meer. So ist es eher die Vorstellung, diese Reflexion, dass ich mich gerade am nördlichsten Punkt eines riesigen Kontinents befinde, die Begeisterung in mir auslöst.

Punta Gallina
Punta Gallina

Nach einer Weile setzen wir die Fahrt fort. Weiter zur nächsten Rancheria, an der wir zu Mittag essen und später schlafen werden. Erstmal erkunden wir jedoch die Umgebung und fahren zu einem schönen Strand, der vom hohen Salzgehalt des Wassers und vom starken Wind gekennzeichnet ist. Erholsames Schwimmen ist somit nur bedingt möglich. Abends liegen wir in unseren Chinchorros, beobachten die Millionen Sterne am Himmelszelt und lassen uns vom sanften Wind in den Schlaf wiegen.

Riahacha

Nach einem sehr einfachen Frühstück geht es zurück nach Riahacha. Die Autofahrt ist lang, die Vegetation karg und das Klima durch starken Wind und heftige Sonneneinstrahlung charakterisiert. Dieser Wind ist es auch, der uns teilweise nichts sehen lässt und die Reifenspuren der vorherigen Autos verweht, sodass sich Miguel drei oder auch vier Mal verfährt. “Pero no te preocupes!” Und da wir schon gelernt haben, dass wir den hiesigen Bewohnern und Guides Vertrauen schenken können, machen wir uns auch keine Sorgen. Und so heißt es bald „Casi llegamos à la carretera.“

Die unbefestigte Straße von Punta Gallina zurück in die Zivilisation
Die unbefestigte Straße zurück in die Zivilisation

Hast Du Blut geleckt und möchtest La Guajira entdecken?

Grundsätzlich hast Du dafür zwei Möglichkeiten.

Als Volunteer lernst Du Kolumbien von einer anderen Seite kennen. Gleichzeitig hast Du die Möglichkeit die Indigene des Wayùu-Stammes beim Überlebenskampf zu unterstützen. Checke dafür zum Beispiel sentir positivo.

Als Reisender gibt es zwei Wege, um die besonderen Naturschauspiele zu erleben. Beide haben natürlich ihre Vor- und Nachteile. Zum einen kannst Du eine Tour (ca. 450.000 kolumbianische pesos) buchen, so wie wir es getan haben. Und das, obwohl ich überhaupt kein Fan von arrangierten Touren bin. Beim Reisen kommst Du jedoch irgendwann an den Punkt, an dem Du Dich zwischen den Aspekten Geld, Zeit und Stress entscheiden musst. An diesem Punkt waren wie jetzt. Da wir Silvester lieber am Strand in Cartagena als irgendwo im nirgendwo in der weiten Wüsten La Guajira feiern wollten, hatten wir ein Zeitproblem und konnten uns nicht blind ins Abenteuer stürzen. Wir entschieden uns für die Tour und waren im Nachhinein glücklich darüber. Diese Thematik ist aber von Fall zu Fall bzw. Von Person zu Person zu betrachten. Somit solltest Du für Dich entscheiden, welche der zwei Optionen für Dich in Frage kommt.

Arrangierte Tour vs. Selbstständiges Entdecken

Bei einer Tour ist alles inklusive (3 Mahlzeiten, Unterkunft, gemütlicher Transport, etc.). Der Vorteil ist, dass alles arrangiert ist und Du Dich um nichts mehr kümmern musst. Die Fahrt in dem Jeep ist bequem und schnell. Gleichzeitig musst Du jedoch auch mit der Qualität der Unterkunft sowie des Essens zurecht kommen (hier kannst Du Glück oder Pech haben). Außerdem wirst Du zu spektakulären Orten geführt und hast einen Guide, den Du alles fragen kannst bzw. der Dir viele Informationen über das Land und die Einheimischen geben kann. Wenn Du jedoch Pech hast, kann die Tour relativ ausgebucht sein. Das bedeutet, dass Du auf sehr viele andere Reisende triffst (vor allem können die Unterkünfte voll sein). Weiterhin gibt es in der Wüste nur ein paar Naturspektakel, welche somit von allen Touren angesteuert werden. Mein Tipp für Dich ist deshalb schon etwas früher loszufahren, um die Ruhe vor dem potentiellen touristischen Sturm zu genießen.
Die Alternative dazu ist das eigenständige Organisieren einer Reise. Während du nach Cabo de la Vela noch leicht kommst (mit 2 Bussen von Riahacha aus), solltest Du für die weitere Fahrt nach Punta Gallina definitiv spanisch sprechen, viel Zeit und Geduld haben sowie keine Luxus-Ansprüche an den Tag legen. Sobald Du einen Fahrer gefunden hast, der Dich zum nördlichsten Punkt Südamerikas bringt, geht es an das Verhandeln. Zum einen ist der Preis flexibel, zum anderen aber auch die Strecke. Denn die Meisten fahren direkt zum Punta Gallina und passieren die beeindruckenden Sanddünen nicht. Diese Möglichkeit kann Dich somit etwas günstiger kommen, wobei Du definitiv mehr Zeit, Geduld und einen geringeren Komfort in Kauf nehmen musst.

Der Tourismus in dieser Region befindet sich außerdem noch in den Kinderschuhen. Wahrscheinlich wird das Angebot an Transportmitteln und Unterkünften jedoch in kurzer Zeit stark ansteigen. Denn die Nachfrage ist groß und die Naturerlebnisse einmalig.

Meine Tipps für Deine Reise

  • dicke Kleidung für die Nacht (Schalenlook, ggf. Dünner Schlafsack)
  • großes, leichtes Tuch (dient als Kopfbedeckung, Rock / Kleid, Handtuch, Decke bei Nacht)
  • vergiss nicht: sehr viel Wasser, Sonnencreme, leichte und lange Kleidung für die Wüste, Kopfbedeckung, Taschenlampe, Klopapier / Taschentücher, Desinfektionsgel, tragbares Akkugerät
  • Lade alle Deine Akkus vorher auf.
  • für den Wegzoll: Du wirst definitiv auf dem Weg angehalten und aufgefordert mit Süßigkeiten, Wasser oder Plata (Kleingeld) zu “bezahlen”. Nimm deshalb mind. 5 Liter Wasser (in kleinen Flaschen, damit Du sie einzeln hergeben kannst), 3-4 große Packungen Kekse (Galletas) und viel Kleingeld mit. In Cabo de la Vela kannst Du zwar Kekse, Wasser etc. kaufen, dort ist es jedoch teuerer.
  • Ich empfehle Dir in Riahacha das nötige Geld abzuheben. In Uribia gibt es zwar einen Geldautomaten, davor versammeln sich jedoch sehr viele Menschen.
  • Der Ort Riahacha ist ein guter Ausgangspunkt, um Deine Reise nach La Guajira zu planen. In diesem Ort kann ich das Hostel Pura Guajira Hostel wärmstens empfehlen! Beatrice und ihr Freund sind zwei super freundliche, hilfsbereite und offene Personen. Mit großer Leidenschaft führen sie ihr stilvolles, gemütliches und lebendiges Hostel, welches sie vor einigen Monaten eröffnet haben. Die große Terrasse und die Hängematten laden zum entspannen ein, wobei Dir das Paar gerne wertvolle Tipps für Deine weitere Reise gibt. Auch kannst Du deinen großen Backpack in der Unterkunft lassen und nur mit dem nötigsten Deine Wüstentour antreten.

Bist Du bereits über endlose Sanddünen gewandert? Und hast Du dabei an einer Wüstentour teilgenommen oder bist Du eher ein Abenteuerfan und machst Dich lieber alleine auf die Socken? Welche Wüste hat Dich begeistert oder scheust Du gleißende Hitze und Wasserknappheit?

Ich freue mich auf Deinen Kommentar!

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Hanna

Co-Bloggerin & Surferin, leidenschaftliche Fotografin, travel addict & Naturliebhaberin, Genießerin & Fernweh als alten Freund, kleine Nonkonformistin & Kultur-Bummlerin, süchtig nach Adrenalinkicks & Schoki, freiheitsliebend & in der Welt Zuhause.